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Im Wandel der Zeit

Ein Leitartikel zu 25 Jahre Wirtschaftsdienst

26. Jahrgang, 1941, Heft 1

von Max Drews

Mit diesem Heft beginnt der „Wirtschaftsdienst“ seinen 26. Jahrgang. Seine erste Ausgabe erschien allerdings am 9. August 1916, so daß die vollen 25 Jahre seines Bestehens erst im Spätsommer abgelaufen sein werden. Dennoch soll schon jetzt Anlaß zu einer Rückschau auf die bisherige Arbeit und zu einem Blick in die Zukunft genommen werden. Wenn dabei auch das erste Heft dieses neuen Jahrgangs in äußerlich verändertem Gewände erscheint, so wird der Inhalt, wie in den ganzen Jahren seines Bestehens, vornehmlich durch sachliche Gründe bestimmt und am Interesse der Wirtschaft ausgerichtet. Hierauf beruhten die großen Leistungen, die im Laufe eines Vierteljahrhunderts durch unsere Zeitschrift im Dienste der deutschen Wirtschaft vollbracht wurden.

Max Drews war Schriftleiter des Wirtschaftsdienst von 1940 bis 1942. Als der Wirtschaftsdienst ab dem 1. Mai 1943 „In Kriegsgemeinschaft mit Der deutsche Volkswirt und Wirtschaftsdienst. Weltwirtschaftliche Nachrichten“ herausgegeben wurde, blieb Max Drews in Hamburg verantwortlich für die Auslandsberichte. Diese Position behielt er offiziell auch 1944 bei, obwohl er in der zweiten Hälfte des Jahres bereits von der Wehrmacht eingezogen war.

Sie einmal zu erwähnen, dürfte gerade heute um so angebrachter sein, als die neue Kriegszeit recht eigentlich die Bewährungsprobe auch für den „Wirtschaftsdienst“ zu erbringen hat. Er ist im großen Krieg gegründet worden, um der deutschen Wirtschaft Nachrichten über das wirtschaftliche Geschehen im Ausland zu vermitteln, und es dürfte nicht zuletzt mit ein Verdienst dieser sorgfältigen Nachrichtenübermittlung gewesen sein, wenn deutsche Kaufleute und Industrielle sich nach Abschluß jenes Krieges sehr schnell wieder in den Auslandswirtschaften heimisch fühlten. Auch heute wieder muß vielfach die Lektüre von Berichten und Aufsätzen über ferne Gebiete die persönliche Beziehung zu den überseeischen Absatzmärkten ersetzen. Die wesentliche Aufgabe unserer Zeitschrift ist es, diese Unterrichtung trotz aller entgegenstehenden Schwierigkeiten zu ermöglichen.

Wenn trotzdem das heute vorliegende Heft in seinem Aufbau nicht die gewohnte Art zeigt, so bedeutet dies keinen grundsätzlichen Wandel. Es wird in diesem Heft vielmehr Gelegenheit genommen, aus der Feder früherer Schriftleiter des „Wirtschaftsdienst“ Probleme behandeln zu lassen, die seit Jeher neben der reinen Tatsachenberichterstattung Gegenstand der Betrachtung und Diskussion im „Wirtschaftsdienst“ gewesen sind. Viele der alten Leser unserer Zeitschrift werden sich der heute wieder in unseren Blättern erscheinenden Namen gut erinnern. Die Tatsache, daß alle diese Männer des „Wirtschaftsdienst“ heute an höchst verantwortlichen Stellungen innerhalb der Wehrmacht, der Verwaltung, der deutschen Wirtschaft und der deutschen Presse stehen, ist nicht nur für die jetzt wirkende Schriftleitung eine Verpflichtung, sondern auch ein Beweis dafür, daß eine Zeitschrift von der Art des „Wirtschaftsdienst“ nicht nur der Wirtschaft etwas zu sagen hat, sondern daß die für ihre Gestaltung verantwortlichen Persönlichkeiten schließlich so eng mit dem Wirtschaftsvorgehen im Reich verbunden sind, daß sie in sein Getriebe hineingezogen werden. Die lange Reihe der Autoren, die Beiträge für dieses Heft geliefert haben, zeugt von der innigen Verbindung zwischen der wirtschaftspolitischen Zeitschrift und dem lebendigen Wirtschaftsleben in Deutschland.

Wie sich die Zeit ständig erneuert, so erneuert sich auch der Körper, der die Arbeit trägt, die wir unseren Lesern von Woche zu Woche vorlegen. Über diese Veränderungen hinaus sind aber auch bleibende Kräfte vorhanden, die in bestimmender Weise Einfluß auf die Gestaltung unserer Zeitschrift nehmen, die ihre Tradition ausmachen. Dabei sind in erster Linie zu nennen die beiden Herausgeber, das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Institut e. V., welches seit geraumer Zeit an die Stelle des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs getreten ist, und daneben das Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel, welches unserer Zeitschrift seit den ersten Jahren ihrer Existenz aufs freundschaftlichste verbunden ist. Wir haben in Jüngster Zeit in steigendem Maße Ergebnisse der Forschungsarbeit des Kieler Instituts in unseren Heften zur Veröffentlichung gebracht, wir werden daneben in der Zukunft gleichartige Arbeiten aus der Forschungsarbeit des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Instituts unseren Lesern zugänglich machen. Dabei handelt es sich in keinem Fall um trockene theoretische Betrachtungen; der Gegenstand der Untersuchungen ist vielmehr immer das praktische Wirtschaftsleben. Gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt, wo eine alte Weltordnung zusammenstürzt und an ihrer Stelle nach neuen Formen gesucht wird, sind zusammenhängende und in die Zukunft weisende Betrachtungen besonders erforderlich. Man kann nicht mit den Erfahrungen aus alter Zeit an den Neuaufbau der Dinge herangehen. Ein solcher Versuch müßte genau so verhängnisvoll ausgehen, wie sich auf politisch-militärischem Gebiet die Rückständigkeit der Strategen als tödlich erwiesen hat. Darum sollen neben den Berichten über das tatsächliche Vorgehen auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet im Ausland in nächster Zukunft zusammenhängende Betrachtungen über die neuen Formen im Ausbau der Nationalwirtschaften und in der weltwirtschaftlichen Zusammenarbeit angestellt werden. Dabei ist es in jedem Fall erforderlich, von den bisherigen Gegebenheiten auszugehen und an Hand schon vorliegender Erfahrungen zu entwickeln, in welcher Weise sich zukünftig die wirtschaftlichen Beziehungen vor allem auch im Außenverkehr abspielen werden. Denn auch hier gilt wie auf allen anderen Gebieten, daß derjenige, welcher in die Zukunft zu schauen vermag, seinen Wettbewerbern um einige Längen voraus sein wird. Was dabei der „Wirtschaftsdienst“ für seine deutschen Leser tun kann, das wird geschehen, und zwar in wörtlicher Auffassung seines Titels: „Dienst an der Wirtschaft“.

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