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Der Beitrag der Forschung im wirtschaftlichen Wandlungsprozeß

Der Direktor des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs zum Auftakt des 50jährigen Jubiläum des Forschungsinstituts

Dr. Clodwig Kapferer, Hamburg

38. Jahrgang, 1958, Heft 1

Wenn der Direktor des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs als Auftakt zum 50jährigen Jubiläum dieses Forschungsinstituts sich grundsätzlich und beispielhaft mit dem Problem auseinandersetzt, ob die wirtschaftswissenschaftliche Forschungsarbeit in Deutschland heute noch dem Wandel der Zeit, den Technik und Politik bestimmen, gerecht wird, so will er damit nicht nur Rechenschaft ablegen über die Methodik und Thematik, die das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv seiner Forschungsarbeit zugrunde legt, sondern er will darüber hinaus einen Diskussionsbeitrag über den geistigen Standort unserer Gegenwart liefern. Wir würden es sehr begrüßen, wenn diese Anregung zu einer breiten Diskussion über dieses Problem, das für die weitere Entwicklung der deutschen Forschung lebenswichtig ist, führen würde.

 

Clodwig Kapferer (1901–1997) leitete von 1948 bis 1964 das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA), das er zu einem der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute ausbaute. Der Staatswissenschaftler hatte sich zuvor als Fachmann für Außenwirtschaftsfragen und Marktforschung einen Namen gemacht.

„Tempora mutantur…!“

Es hat erst des Auftauchens eines von Menschenhand erbauten Mondes am Himmel bedurft, um der Weltöffentlichkeit zu demonstrieren, daß sie nicht nur an der Wende eines Jahres, sondern an einer sichtbar gewordenen Zeitwende steht. Ein Zeitalter neuer Technik hat sich angekündigt, die den seit dem zweiten Weltkrieg erkennbaren weltpolitischen Wandlungen neue Richtungen gibt und letztlich unser gesamtes Weltbild grundlegend umgestalten wird. Kaum ein Bereich menschlichen Seins und Handelns dürfte in absehbarer Zukunft von diesem Wandel unberührt bleiben. Die technischen Utopien von gestern scheinen die Wirklichkeit von morgen zu werden. Um so erschreckender ist es, feststellen zu müssen, wie wenig wir Menschen gewillt und geistig vorbereitet sind, diese Wirklichkeit zu begreifen, noch viel weniger zu meistern. Offensichtlich bewahrheitet sich der zweite Teil des vorangestellten lateinischen Sprichwortes heutzutage nicht, daß sich nämlich die Menschen mit den Zeiten wandeln. Immer wieder werden für neue Probleme altbewährt scheinende Lösungen angeboten; und das nicht nur auf politischen, sondern auch auf den neutraleren wirtschaftlichen Bereichen.

Der Grund dafür ist nicht zuletzt, daß man den durch Technik und Politik bedingten Umbruch in der Wirtschaftssphäre oftmals nicht erkennt, zumindest falsch deutet, bestenfalls nur auf Teilbereichen richtig sieht, dann aber isoliert betrachtet und Teillösungen anstrebt, die eine Gesamtkonzeption vermissen lassen. Man braucht sich nur als Beispiel die Sonderstellung der Agrar- und Verkehrswirtschaft im wirtschaftspolitischen Konzept des Gemeinsamen Marktes vor Augen zu führen. Weiterhin werden die Zusammenhänge nicht gesehen, die beispielsweise zwischen dem hohen Investitionsbedarf infolge der Automation und der Grenze des privaten Konsums, d. h. dem technischen Fortschritt und der Verteilungswirtschaft, bestehen.

Ebensowenig ist bisher die Frage nach der Neuverteilung des Sozialproduktes zugunsten der Arbeitnehmer als Teil der umfassenderen Frage nach der Neuverteilung des Welteinkommens an Industrie- und Entwicklungsländer gestellt worden. Solche Beispiele lassen erkennen, wie wenig man in der Lage ist zu verstehen und sich zu verstehen bemüht, daß auch auf wirtschaftlichem Gebiet die Welt unteilbar wird. Probleme des Gemeinsamen Marktes, der wirtschaftlichen Hilfe für die Entwicklungsländer, der internationalen Rohstoffpolitik, des technischen Fortschritts und der Absatzwirtschaft, letztlich auch der Verkehrswirtschaft und der Konjunkturpolitik sind in einen Problemkreis eingeschlossen.

Die Vorwürfe der isolierten Betrachtung und der antiquierten Teillösungen müssen nicht allein der Wirtschaftspraxis und der Wirtschaftspolitik gemacht werden, deren Zielsetzungen stets räumlich und zeitlich begrenzt bleiben müssen, sie treffen vor allem die wirtschaftswissenschaftliche Forschung, deren Aufgabe es sein sollte, nicht in Tagesproblemen stecken zu bleiben, sondern die Probleme von morgen schon heute zu erkennen und das geistige Fundament und ein Instrumentarium für ihre Meisterung durch Wirtschaftspolitik und Unternehmensführung zu schaffen. Es scheint so, als ob die wirtschaftswissenschaftliche mit der naturwissenschaftlichen Forschung wieder einmal nicht hat Schritt halten können. Weniger an den Köpfen mangelt es als an einer neuen arbeitsteiligen Organisation von Grundlagenforschung und empirischer Forschung an den Instituten, in den großen Interessenverbänden und in der Unternehmungswelt.

Gemeinsamer Markt

In der politischen Diskussion gewinnt der Zusammenschluß selbständiger Nationen zu größeren Verbänden an Bedeutung. Die politische Zwecksetzung und die gewählten Formen mögen in Westeuropa andere sein als im Nahen oder Fernen Osten, hinter dem politischen Wollen steht aber überall die Erkenntnis, daß im Zuge der raschen technisch-wirtschaftlichen Entwicklung die wirtschaftlichen Kräfte der Nationen durch politische Barrieren von gestern an ihrer freien Entfaltung mehr und mehr gehindert werden. Diese Schranken müssen also zugunsten engerer Bindungen innerhalb größerer Wirtschaftsräume fallen, mag es kurzfristig auch Opfer erfordern. Mit der Jahreswende ist so die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft de jure Wirklichkeit geworden. Der ihr innewohnende Gedanke eines Gemeinsamen Marktes der zum westeuropäischen Industriekernraum gehörenden Volkswirtschaften Frankreichs, Italiens, Belgiens, der Niederlande, Luxemburgs und der Bundesrepublik Deutschland wird offensichtlich von einer breiten Öffentlichkeit in diesen Vertragsländern getragen, denn sonst wäre die verhältnismäßig zügige Ratifizierung des Vertrages durch die nationalen Parlamente kaum denkbar gewesen. Als erstes Ziel soll, wenn auch nach Anlaufzeiten von dreimal vier Jahren, der noch bestehende Zollprotektionismus zwischen diesen Ländern schrittweise abgebaut werden und spätestens in 15 Jahren ganz verschwinden.

Die sich verändernde Zollsituation im Güteraustausch innerhalb der Vertragsstaaten wie auch mit dritten Ländern wird erhebliche Auswirkungen auf die außenwirtschaftlichen Beziehungen und letztlich auf die gesamte Wirtschaftsstruktur jedes der Mitgliedsländer, aber auch auf die Bezugs- und Absatzmärkte außerhalb des Gemeinsamen Marktes haben. Die Beseitigung von Disproportionalitäten im wirtschaftlichen Gefüge der Bundesrepublik wird uns deshalb im kommenden Jahrzehnt in reichlichem Ausmaß beschäftigen. Eine Abschätzung der Auswirkungen, etwa die Einflüsse auf die Preise und die eingeführten Warenmengen, setzt nicht nur bestimmte Vorstellungen über die Richtung der Veränderungen voraus, sie verlangt vielmehr klare quantitative Aussagen über deren Ausmaß. In diesem Zusammenhang verdient auch die mögliche Änderung der Verbrauchsgewohnheiten, ja selbst der Geschmacksbildung als Folge der sich ändernden Preise und Warenangebote Beachtung. Für jede Branche, jede Gütergruppe und selbst für einzelne Güter ergeben sich somit unterschiedliche Aussichten, Hoffnungen oder Befürchtungen. Fragen, wie sie hier zur Diskussion stehen und die für jedes Unternehmen von lebenswichtiger Bedeutung sind, lassen sich nicht mehr global, d. h. durch die bloße Skizzierung der gesamten Entwicklung, beantworten. Die Konsequenz aus diesen Überlegungen ist, daß sich die Vorausbestimmung der Auswirkungen der Politik des Gemeinsamen Marktes auf hieb- und stichfeste quantitative Unterlagen stützen muß.

Der Wirklichkeit gewordene Gemeinsame Markt wirft eine solche Vielfalt ineinander verzahnter Fragen auf, daß eine rasche und möglichst präzise Beantwortung für die Beurteilung der Möglichkeiten und der wahrscheinlichen Entwicklung sowohl für die Wirtschaftspraxis als auch für die Wirtschaftsbehörden unerläßlich ist. In ihrem Interesse sollten zweckmäßigerweise alle Untersuchungen zur begrifflichen Klärung der Fragen, in welchem Verhältnis sich die Importmengen und Preise durch die schrittweisen Veränderungen der Zollbelastung und damit die Außenhandelsbeziehungen der Bundesrepublik ändern werden, von den Warengruppen her — wie sie aus den Positionen der Zolltarife ersichtlich sind — einzeln angesetzt werden. Das erfordert zwar recht umfangreiche Rechenoperationen, es erscheint aber möglich, die dafür erforderlichen „Modelle" in verhältnismäßig kurzer Zeit so weit zu entwickeln und aufzubereiten, daß eine Elektronenrechenmaschine damit „gefüttert" werden kann. Aus den Ergebnissen kann zumindest für jede Einfuhrware vom Preis her sichtbar gemacht werden, wie je nach Bezugsmärkten die optimal günstigste Verteilung für die Konsumenten und die maximal vorteilhafteste Verteilung für den Importeur liegt, zwischen denen der künftige Verlauf der Warenbewegungen mit der Weltwirtschaft sich vollzieht. Dieses Vorgehen sollte aber nicht allein auf die Auswirkungen im Außenhandel der Mitgliedsländer beschränkt bleiben. Es könnten u. a. auch die Folgen der Einführung der Freihandelszone nach gleichen Gesichtspunkten untersucht werden. In ähnlicher Weise würden quantitative Überlegungen die möglichen Veränderungen der Transport- und anderer Kostenbedingungen aufzeigen helfen, die ein Bild von den strukturwandelnden Auswirkungen des EWG-Vertrages vermitteln.

Entwicklungsgebiete

Die Dynamik der technischen Entwicklung hat durch ihre jüngsten Auswirkungen auf militärischem Gebiet nicht nur zu einer Verschärfung der politischen Spannungen zwischen den beiden Mächteblocks in Ost und West geführt, sondern gleichzeitig auch in den außenwirtschaftlichen Beziehungen zu den sogenannten Entwicklungsländern neue Akzente gesetzt. Politisch-militärische Motive überschatten in beiden politischen Lagern mehr und mehr die ökonomischen und humanen Interessen, die die Industrieländer veranlassen, zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in den Entwicklungsländern aktiv beizutragen. Selbst unsere Überlegungen, welchen Entwicklungsbeitrag hierbei die Bundesrepublik Deutschland leisten könnte, sind infolge der außenpolitischen Bindungen zur Verteidigungsgemeinschaft der NATO nicht immer gänzlich von diesen Antriebskräften freigeblieben. Die unter politisch-militärischen Aspekten von den wirtschaftlich fortgeschrittenen Industrieländern Nordamerikas und Westeuropas für die Entwicklungsländer bisher geleisteten Beiträge konnten naturgemäß nicht die umfassende Wirkung haben, wie sie durch Maßnahmen hätten erzielt werden können, die ausschließlich den wirtschaftlichen Interessen der gebenden wie der empfangenden Länder in gleicher Weise dienen.

Die Interessen der gebenden Länder an der Hebung des Lebensstandards anderer Völker, bei denen die Abwehrmotive gegen die Ausbreitung des Kommunismus im Vordergrund stehen, decken sich nur zu einem kleinen Teil mit denen, die die Regierungen der Entwicklungsgebiete haben. Den Regierungen vieler Entwicklungsländer ist es ohnehin schwer gemacht, einen Ausweg aus ihrer Situation zu finden, weil die Masse der Bevölkerung politisch ungeschult ist und die meist kleine Führungsschicht sich häufig ideologisch unberechenbar verhält. Gefühlsbetonte Wunschvorstellungen und übersteigerter Nationalismus erschweren die objektive Betrachtungsweise von Entwicklungsproblemen, die sehr tief gelagert sind und nach einer sorgfältigen Analyse verlangen. Hundert und mehr Jahre Kolonialismus haben zudem die ehemaligen Kolonialvölker anti-europäisch und anti-„westlich" gestimmt. Kolonialmächte gelten bei ihnen auch heute noch generell als Ausbeuter, die ihre politische und wirtschaftliche Überlegenheit zur Bereicherung ihrer Volkswirtschaften ausnutzen. Die kommunistische Agitation in den Entwicklungsländern geht sogar soweit zu behaupten, daß selbst die Arbeiterorganisationen in den Industrieländern an dieser Bereicherung teilhaben.

Dieser historische Konfliktstoff ruft sehr schnell psychologische Spannungen hervor, deren zeitweilige Ausbrüche die internationalen Beziehungen außerordentlich belasten. Wir werden deshalb gut daran tun, bei allen unseren Maßnahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung dieser Länder der Notwendigkeit des Zusammenwirkens der Ausgangspunkte bewußt zu werden. Erst wenn die vom Vorwurf der Kolonialpolitik unbelastete Bundesrepublik wirtschaftliche und humane Interessen bewußt in den Vordergrund stellt, verleiht sie ihren Entwicklungsbeiträgen den erforderlichen moralischen Unterbau. Gehen wir vom materiellen statt vom politischen Auseinanderleben der Völker aus, dann werden unsere Entscheidungen unter den für unsere Situation angemessenen Gesichtspunkten der langfristigen Sicherung von Bezugsquellen und Absatzmärkten stehen. Das ist eine Basis, die auch von den Regierungen der Empfängerländer gewürdigt wird. Entwicklungsbeiträge, die von solchen Voraussetzungen ausgehend gewährt werden, haben am ehesten Aussicht, in den Entwicklungsländern Erzeugung und Absatz zu steigern, die Exportmöglichkeiten auszuweiten und Investitionen künftighin rentabel zu gestalten.

Bedauerlicherweise ist in den Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft eine Forderung Frankreichs nach Einbeziehung der sogenannten assoziierten, vorwiegend in Afrika gelegenen Gebiete eingebracht worden, an der, falls ihr nicht Rechnung getragen worden wäre, wahrscheinlich das Zustandekommen des Vertrages gescheitert wäre. Der Vertrag sieht die Errichtung eines Hilfsfonds für die Wirtschaftsentwicklung dieser Gebiete vor, dem in den ersten fünf Jahren nahezu 600 Mill. $ zugeführt werden müssen. Ein Drittel dieser Summe ist allein von der Bundesrepublik aufzubringen. Dadurch ist nicht nur in die Konzeption des Gemeinsamen Marktes eine einseitige politische Belastung unseres Verhältnisses zu den ehemaligen Kolonialvölkern Afrikas eingefügt worden, sondern es ist auch die Gefahr aufgetaucht, daß andere Entwicklungsländer uns der Mitwirkung an der Aufrechterhaltung des europäischen Kolonialismus bezichtigen werden. Es wird nicht leicht sein, ihnen verständlich zu machen, daß die Bundesrepublik dieses politische Zugeständnis im Gesamtinteresse des Zustandekommens eines geeinigten und vereinigten Europas auf sich nehmen mußte.

Unsere Diplomatie wird jedoch den entstandenen Argwohn bei aller Geschicklichkeit nur dann überwinden können, wenn sie mit einer, um so tieferen Einfühlung auf die realen Bedürfnisse der übrigen Entwicklungsländer eingeht. Es ist bedauerlich, daß die Ausklammerung der lateinamerikanischen Länder aus unserer Entwicklungspolitik zeigt, wie sehr es uns an diesem Einfühlungsvermögen noch mangelt. Wir verstärken dadurch unnötigerweise den Eindruck, daß auch unser Entwicklungsbeitrag in erster Linie als Reaktion auf die Wirtschaftshilfe der Ostblockstaaten erfolgte. Nur wenn unser Beitrag für die Entwicklungsländer klar unter wirtschaftlichen Aspekten steht, wird unser Interesse an der langfristigen Sicherung von Bezugs- und Absatzmärkten ganz von selbst den Blick für die Notwendigkeit schärfen, daß die Entwicklungsländer auch unsere Erwartungen erst dann erfüllen können, wenn ihnen die Beiträge der Industrieländer zuvor zur Hebung ihrer internationalen Kaufkraft verhelfen haben. Diese Vorleistung der Industriestaaten liegt somit in ihrem langfristigen politischen und wirtschaftlichen Eigeninteresse. Gelingt die Entfaltung der wirtschaftlichen Kräfte in den Entwicklungsländern nicht, dann werden sich die Spannungen in der Welt angesichts der sich rasch vermehrenden Bevölkerung in Asien, Afrika und Lateinamerika bedrohlich zuspitzen.

Das Bewußtsein der Gleichberechtigung zahlreicher Entwicklungsländer wird nicht zuletzt von ihrer Abhängigkeit von der Nachfrage und von der Preisentwicklung auf den Weltrohstoffmärkten erschüttert. Oftmals geraten sie in Zahlungsschwierigkeiten, weil ihre Ausfuhr — ihre wesentliche Einnahmequelle — zu 50-75 % auf einem oder wenigen Spezialgütern basiert. Was für die Goldküste der Kakao ist, bedeutet für Burma der Reis, für Ceylon sein Tee und für die Malayischen Staaten der Kautschuk. Die Weltnachfrage und die Preisentwicklung auf den Weltmärkten dieser Güter bestimmen in diesen Ländern 20-25 % ihres Sozialproduktes. In den Kolonialgebieten nimmt diese Abhängigkeit bisweilen noch krassere Formen an. Weltangebot und -nachfrage nach Zucker bestimmen z. B. zu 40 % das Sozialprodukt von Mauritius und der Weltkupfermarkt zu 35 % das Sozialprodukt von Rhodesien.

Die Vielschichtigkeit der aufgezeigten Probleme läßt erkennen, eine wie dringende Aufgabe sich für die Wirtschaftswissenschaft und darüber hinaus für die Auslandswissenschaft stellt, ihnen mit exakten Methoden zu begegnen und auch hier der Wirtschaftspolitik und -praxis die erkenntnistheoretischen Voraussetzungen ihres künftigen Handelns zu vermitteln. Der Untersuchungsgegenstand reicht dabei von den bereits genannten politischen und sozialen Problemen bis hin zu den Fragen des wirtschaftlichen Wachstums generell, unter denen die Energie- und Verkehrsprobleme, die Beziehungen zwischen Landwirtschaft und Industrialisierung, die Heranbildung von Arbeitskräften und dabei insbesondere einer technischen Führungsschicht, der Aufbau eines Verwaltungsapparates, die inländische Kapitalbildung und die ausländische Wirtschaftshilfe, ferner absatzwirtschaftliche Probleme der Unternehmenswirtschaft einen hervorragenden Platz einnehmen müssen. Diese Forschung darf sich nicht weiterhin auf deskriptive länderkundliche Zustandsberichte beschränken, wie sie bisher üblich gewesen sind, sondern sie muß für jedes der Länder die Dynamik des Entwicklungsprozesses problembezogen herausarbeiten. Erst dann wird sie einen realen Beitrag zu der Frage leisten können, wie einmal die Regierungen der Entwicklungsländer die Voraussetzungen für die Dynamisierung des sozialen und wirtschaftlichen Lebens mit größtmöglicher Rationalität schaffen können und wie zum anderen der Entwicklungsbeitrag der Bundesrepublik am zweckvollsten angesetzt werden kann. Es sollte nicht überhört werden, wie stark in den Entwicklungsländern die wenigen bisher veröffentlichten Untersuchungsergebnisse westdeutscher Fachleute, die a priori als objektiv und politisch neutral gewertet werden, beachtet worden sind. Die Ausweitung dieser problembezogenen Forschung stellt somit einen nicht zu unterschätzenden Teil des deutschen Entwicklungsbeitrages selbst dar. Wegen der Spannungsweite der Probleme verspricht dabei die Untersuchung im Team mehrerer Wissenschaftler, deren Wissensgebiete sich ergänzen und die über einen wissenschaftlichen Apparat in ihren Fachinstituten als Basis verfügen, bessere Resultate zu erzielen, als sie der einzelne Forscher wahrscheinlich zur Verfügung stellen kann. Es bedarf keiner Begründung, daß das Forschungsziel eingehende Studien am Objekt voraussetzt, die Reisen und persönliche Gespräche in den Ländern bedingen.

Internationale Rohstoffpolitik

Der mit internationaler Rohstoffpolitik umrissene Problemkreis überschneidet sich mit dem der wirtschaftlichen Entwicklung überseeischer Rohstoffländer, berührt Probleme der internationalen Konjunkturpolitik und mündet letztlich in der Frage nach einer weltwirtschaftlichen Gesamtkonzeption. Offen bleibt dabei, in welchem Tempo und Ausmaß sich die technische Entwicklung, d. h. der Ersatz der natürlichen durch synthetische Rohstoffe, auf das Angebot und die Nachfrage auf den Weltrohstoffmärkten auswirken wird. Die Märkte für Naturrohstoffe bergen infolge der geringen Elastizität der Produktion und damit des Angebots eine Tendenz zu großer Unausgeglichenheit in sich; zeitweilige, oft spekulativ übersteigerte Vorratsbildung oder Knappheit verursachen leicht übermäßige Preisschwankungen.

Die Entwicklungsländer, deren wichtigste Einnahmequelle — wie wir sahen — meist wenige Agrar- und Bergbauerzeugnisse sind, wurden bisher von diesen extremen Preisausschlägen in der Regel weitaus härter getroffen als die Industrieländer, deren Exportangebot an industriellen Erzeugnissen- eine raschere korrigierende Anpassung an die Marktlage ermöglichte. Die Rohstoffländer haben diese Abhängigkeit einmal durch Industrialisierung, zum anderen durch Anbau- oder Ausfuhrrestriktionen zu beseitigen versucht und waren darüber hinaus bemüht, durch bilaterale Absprachen mit einzelnen Abnehmerländern den Absatz ihrer Naturrohstoffe mengen- und preismäßig zu stabilisieren. Diese Abwehrmaßnahmen der Rohstoffländer bestimmten die internationale Rohstoffpolitik seit ihren ersten Ansätzen nach dem ersten Weltkrieg, als für die Industrieländer die Versorgungsschwierigkeiten erstmalig einen bedrohlichen Umfang annahmen. Dementsprechend waren die zahlreichen Rohstoffabkommen der Zwischenkriegszeit weitgehend von dirigistischen wirtschaftspolitischen Maßnahmen durchsetzt, die eine freie Marktentwicklung mehr oder weniger unterbanden. Unter dem gegenwärtigen Doppelaspekt der Industrialisierung und damit eines wachsenden Importbedarfes der Entwicklungsländer an technischer Ausrüstung einerseits, wie des durch den fertigungstechnischen Fortschritt der Industrieländer verstärkten Zwanges zur Exportausweitung andererseits stellen sich die Aufgaben einer internationalen Rohstoffpolitik neu. Maßnahmen einzelner Länder würden der Weite des Problems nicht mehr gerecht werden.

Zu den leitenden Grundsätzen jeder internationalen Rohstoffpolitik gehört es, die Rohstofferzeugung und die Rohstoffausfuhr von Restriktionen freizuhalten, allzu große Preisschwankungen zu verhindern und dem Absatz der Rohstoffe eine möglichst große Beständigkeit zu sichern, ohne andererseits das Prinzip freier Märkte zu durchbrechen. Dabei muß man sich darüber im klaren sein, daß Maßnahmen der Industrieländer, die auf eine Hebung der Kaufkraft in den Entwicklungsländern, langfristig also auf den Ausbau ihrer ausländischen Bezugs- und Absatzmärkte abzielen, letztlich auf die Herstellung eines angemessenen, gewinnbringenden Preisniveaus für Naturrohstoffe hinauslaufen müssen. Diese Niveauhebung braucht nicht in einer starren Festlegung der Ausfuhrpreise dieser Güter zu bestehen, sie könnte auch mittels einer systematischen Ausweitung und Stabilisierung der Nachfrage erreicht werden, zumal wenn gleichzeitig eine Steigerung der Rohstofferzeugung zu sinkenden Stückkosten angeregt wird.

Gleichmäßiger kann die Nachfrage nach Naturrohstoffen beispielsweise schon gehalten werden, wenn die Industrieländer sich bereitfänden, ihre konjunkturpolitischen Maßnahmen aufeinander abzustimmen und dabei eine größere Importpflege und eine beständigere Lagerbestandspolitik zu pflegen. Die Bildung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Ansatz zur Erweiterung des erstrebten Gemeinsamen Marktes in Form einer sich anschließenden Freihandelszone verspricht die Wirtschaftspolitik der Partnerländer untereinander mehr und mehr anzunähern. Darin liegt eine Möglichkeit dafür, daß künftighin auch gemeinsame Maßnahmen gegen Depressionen und konjunkturelle Überhitzungserscheinungen ergriffen werden, die dann eine größere Durchschlagskraft auch auf den Weltwarenmärkten haben würden, als es Maßnahmen einzelner Länder bisher vermochten.

Allerdings darf man nicht übersehen, daß die Entwicklungsländer die Auswirkungen des Gemeinsamen Marktes auf die Weltrohstoffmärkte und damit auf ihre Volkswirtschaft weitaus weniger optimistisch beurteilen, da allen derartigen Wirtschaftszusammenschlüssen anfangs die Tendenz einer gewissen autarken Ausschöpfung ihrer eigenen Bezugs- und Absatzmöglichkeiten eigen ist. Die Einbeziehung der sogenannten assoziierten Gebiete, hauptsächlich französischer Überseebesitzungen, in das Vertragswerk scheint die Befürchtungen der übrigen Entwicklungsländer vorerst zu bestätigen. Weiterhin befürchten die Entwicklungsländer nicht zu Unrecht, daß die liberalen Wunschvorstellungen einiger der bedeutendsten Industrieländer — nicht zuletzt der Bundesrepublik Deutschland — von allgemeiner Konvertibilität und multilateralen Außenhandelsvereinbarungen ihren sehr realen Bedürfnissen nach Absatzsicherung ihrer Rohstofferzeugung entgegengerichtet sind. Die Außenhandelspolitik der Entwicklungsländer neigt dem Bilateralismus zu. Um ihren Devisenmangel zu überwinden, sehen sich ihre Regierungen genötigt, die für die Entwicklungsvorhaben notwendigen Investitionsgütereinfuhren durch Abnahmeverpflichtungen der Industrieländer für Naturrohstoffe, ihre Hauptausfuhrprodukte, sicherzustellen. Falls und insoweit Maßnahmen zur Stabilisierung der Rohstoffmärkte auf internationaler Grundlage nicht diese Existenzbedürfnisse der Entwicklungsländer garantieren können, wird man im Sinne einer Übergangslösung eine Synthese zwischen den multilateralen und bilateralen Vorstellungen finden müssen, zumal die Ostblockländer den Wünschen der Entwicklungsländer durch Eingehen von Abnahmeverpflichtungen bereitwillig entgegenkommen.

Für die wirtschaftswissenschaftliche Forschung stellen sich auch auf diesem komplexen Bereich weitreichende Aufgaben, deren vordringlichste zu sein scheint, der Politik und Wirtschaftspraxis einen besseren Einblick in die Entwicklung und die Zusammenhänge der internationalen Warenmärkte zu erschließen. Als Mittel bietet sich hier die Erarbeitung von zuverlässigen Markt- und Konjunkturberichten an. Die Erstellung solcher Berichte erfordert einen umfangreichen Apparat zur internationalen Wirtschaftsbeobachtung sowie ein Zusammenwirken sach- und länderkundiger Wissenschaftler, wie sie nur in wenigen größeren wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstituten anzutreffen sind.

Die Internationale Handelskammer hat in ihrer Stellungnahme zum Bericht der Vereinten Nationen über „Rohstoffhandel und Wirtschaftsentwicklung“, die sie im Anschluß an ihren im Mai 1955 in Tokio abgehaltenen 15. Kongreß abgab, darauf hingewiesen, daß dokumentarische Markt- und Konjunkturberichte, die den Zusammenhang zwischen der allgemeinen Konjunktur und der Preisentwicklung für Rohstoffe sichtbar machen, beruhigenden Einfluß auf größere Preisschwankungen haben würden.

Konjunkturpolitik

Die nun endlich abgeklungene Diskussion um die „Aufwertung" der D-Mark hat uns wieder einmal drastisch vor Augen geführt, in welchem Maße die wirtschaftliche Situation der Bundesrepublik von wirtschaftlichen Entwicklungen im Ausland, die in Zusammenwirkung das weltkonjunkturelle Klima bestimmen, beeinflußt wird. An unserer Versorgung nehmen, mehr oder weniger stark, alle Kontinente teil, und wir stellen andererseits aus unserer Inlandsproduktion, die wiederum nicht unwesentlich auf dem Rohstoffimport basiert, in beträchtlichem Umfang Güter für den Export bereit. Aus diesen Gründen darf die weltkonjunkturelle Entwicklung bei keiner wirtschaftspolitischen und selbst geschäftspolitischen Entscheidung außer acht gelassen und zumindest nicht ungeprüft bleiben, sei diese scheinbar auch noch so ausschließlich mit binnenwirtschaftlichen Problemen verknüpft. Die Auf- und Abbewegungen von Produktion, Beschäftigung, Einkommen, von Binnen- und Einzelhandel, Lagerveränderungen, im Geld- und Kapitalverkehr, bei den Zinsen, in den privaten Verbrauchs- und den Staatsausgaben, der Spartätigkeit, den Investitionen und des sich ergebenden Sozialprodukts sind in den einzelnen Volkswirtschaften weder absolut noch relativ gleich, noch viel weniger verändern sie sich jeweils im gleichen Verhältnis. Dementsprechend wirken sie sich auf die Teilbereiche der von ihr beeinflußten westdeutschen Wirtschaft jeweils recht unterschiedlich aus. Eine Urteilsbildung über die Art, noch viel mehr über das wahrscheinliche Ausmaß ihrer Auswirkungen muß sich auf eine weitgespannte Wirtschaftsbeobachtung stützen, will man wirtschaftspolitische Fehlentscheidungen vermeiden.

So stand beispielsweise die zweitägige Debatte, die im Juni 1956 im Deutschen Bundestag stattfand, — von einer breiten Presse und von Interessenverbänden dazu ermutigt — völlig im Zeichen der Vorstellung einer fortdauernden konjunkturellen Überhitzung unserer Wirtschaftsentwicklung. Es wurden deshalb Maßnahmen erwogen, die die übermäßigen Antriebskräfte bändigen sollten. In Wirklichkeit konnte aber damals von einer Überhitzung keine Rede mehr sein. Schon um die Jahreswende 1955/56 zeichneten sich Symptome einer allgemeinen Dämpfung des Konjunkturauftriebs deutlich ab.) Seit Januar 1956 nahmen dann auch der Auftragseingang der Industrie, seit April/Mai 1956 die industrielle Produktion und der industrielle Umsatz und seit Juni/Juli 1956 die Umsätze des Einzelhandels schon nicht mehr zu. Der reagibelste Indikator der Preisentwicklung, die Erzeugerpreise industrieller Produkte, tendierte schon vor der Suezkrise weniger nach oben als 1955. Im Zeitpunkt der Debatte im Bundestag deuteten so ziemlich alle für die Konjunkturentwicklung maßgebenden Daten, ausgenommen die der Exportumsätze, auf eine erhebliche Verlangsamung des Aufstiegstempos hin. Die Exportüberschüsse müssen jedoch im Zusammenhang mit der gesamten Zahlungsbilanzentwicklung gesehen werden. Die Bundesrepublik als Schuldnerland ist strukturell auf Exportüberschüsse in der Größenordnung von 1—2 Mrd. DM angewiesen. Wenn diese dank einer besseren monetären Disziplin den Passivsaldo der übrigen Posten überschritten hatten, so rechtfertigte es der Tatbestand dieser Überschüsse allein nicht, auf eine Fortdauer des konjunkturellen Booms zu schließen. Ebenso wenig hätten sich zu einem späteren Zeitpunkt ähnlicher nervöser Erhitzung (Juli 1957) Maßnahmen gerechtfertigt, um die Zahlungsbilanzüberschüsse durch eine bessere Versorgung unserer Außenhandelspartner mit Devisen im Wege einer DM-Aufwertung zu beseitigen, wofür weite Kreise aus der Wirtschaftspolitik und der Presse sich eingesetzt haben. Diese beiden im hohen Maß betrüblichen und für unsere Wirtschaftsentwicklung gefährlichen Vorgänge zeigen, daß die Beurteilung des konjunkturellen Verlaufs mehr als einen bloßen Meinungsaustausch erfordert.

Die laufende Beobachtung und Beurteilung der wirtschaftlichen Bewegungen auf der Erde sollte daher erfahrenen wirtschaftswissenschaftlichen Instituten anvertraut werden. Diese Institute verfügen über einen ausbaufähigen Apparat und das Personal, um die statistischen Daten zu sammeln, in Reihen zusammenzustellen, zu vergleichen und die sich aus ihrer Gegenüberstellung ergebenden Folgerungen zu ziehen. Sie berücksichtigen neben quantitativen Daten auch die in Zahlen nicht ausdrückbaren weltpolitischen und binnenpolitischen Ereignisse wie Regierungs- und Ministerwechsel, die die Wirtschaft sich bald in allgemein optimistischer Stimmung wiegen lassen und sich in verstärkter Investitionsneigung auswirken, bald als Pessimismus zu Angstkäufen, etwa wegen Kriegsfurcht (Korea und Suez), oder zu Lohnwellenpsychosen führen. Weitere Gegenstände der Beobachtung bilden beispielsweise die Verhaltensweise der Sozialpartner und Wirtschaftsverbände gegenüber Zollsenkungsplänen der Regierung, sozialpolitischen Maßnahmen wie Rentenänderungen, kreditpolitischen Maßnahmen, z. B. Änderungen des Diskontsatzes, die Offen-Markt- und Mindestreservepolitik der Zentralbanken, Ausgabeveränderungen des Staates, Änderungen des Steuerniveaus und Preiskontrollen, die in ihren vielfältigen Ausdrucksformen vom Höchstpreis bis zur Preisbeeinflussung durch ministerielle „Seelenmassage" reichen können.

Es mag dahingestellt bleiben, ob die Institute methodisch wie in ihrer Gliederung bereits diesen Ansprüchen genügen können, fest steht jedoch, daß, solange die statistische Durchleuchtung der freien Wirtschaft und damit auch ihre Markttransparenz nicht vollständig hergestellt ist und verstanden wird, der Wirtschaft die Tendenz zu einem zyklischen Auf und Ab der Konjunkturschwankungen immanent bleibt. Diese Tendenz kann jedoch mit den heutigen Mitteln der Konjunkturforschung schon bei dem gegenwärtigen Stand der statistischen Durchleuchtung der Wirtschaft rechtzeitig erkannt und durch entsprechende konjunkturpolitische Maßnahmen der Regierung und der Notenbank im Sinne der Sicherung der Stetigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung erfolgreich beeinflußt werden. Aufgabe der Institute wäre es dabei, über die mehr globale Wertung und Deutung des statistischen Zahlenmaterials hinaus die Aussagekraft der empirischen Konjunkturforschung durch eine möglichst umfassende Darstellung der quantitativen Beziehungen bei den einzelnen Vorgängen abzusichern.

Absatzwirtschaft

Staaten und Staatsverbände, die wir als wirtschaftspolitisch handelnde Teilnehmer an der Weltwirtschaft bislang in den Mittelpunkt unserer Betrachtung gestellt haben, bilden zwar den Rahmen für die einzelwirtschaftliche Betätigung, aber diese bestimmt ihrerseits im Interessentenausgleich innerhalb der Volkswirtschaften wiederum die wirtschaftspolitische Gesamtrichtung. Der weitaus bedeutendste Bereich einzelwirtschaftlicher Betätigung in den Industrieländern der westlichen Welt, die Unternehmenswirtschaft, befindet sich gegenwärtig am Anfang eines vom technischen Fortschritt ausgelösten Umstellungsprozesses, der sie zu einer Neuorientierung ihrer betriebswirtschaftspolitischen Grundsätze zwingt. Selbst wenn man das Vordringen des technischen Fortschrittes in Richtung auf automatische Fertigungsprozesse mit ihrem Trend zu spezialisierter Großserienproduktion zu sinkenden Stückkosten vorsichtig einschätzt, zeichnet sich ein von der Produktionstechnik ausgehender Strukturwandel im gesamten absatzwirtschaftlichen Bereich ab. Der Übergang zu automatischen Fertigungsverfahren erfordert nicht nur ungewöhnlich hohe Investitionen und die Heranbildung technisch hochqualifizierter Arbeitskräfte, sondern auch eine betriebliche Konzentration auf den kontinuierlichen Massenausstoß weniger genormter Fertigteile, die zu möglichst vielen Fertigprodukten zusammengesetzt werden können. Diese Serienproduktion neuen Stils bedingt ein Höchstmaß an fertigungstechnischer und unternehmensmäßiger Dezentralisation, die hohe Ansprüche an die Beweglichkeit und unternehmerische Initiative der Führungskräfte stellt, bietet aber auch dem Klein- und Mittelbetrieb als Zulieferer eine neue Chance.

Massenproduktion dieser Art ist andererseits auf sichere Märkte angewiesen. Diese Märkte müssen methodisch erkundet, wahrscheinlich gegen wachsenden Konkurrenzdruck sogar erst geschaffen und behauptet werden. Die von der politischen Unionsbewegung ausgehende Bildung eines westeuropäischen Großmarktes kommt dieser Entwicklung entgegen. Auf Großmärkten läßt sich eine große Produktion leichter absetzen, und die Chancen zur Kaufkraftweckung und Kaufkraftverschiebung mittels betrieblicher Preispolitik, Produktgestaltung, aggressiver Vertriebsmaßnahmen und Werbung sind größer. Die Größe des Marktes einerseits und die relative Starrheit der Massenfabrikation neuen Stils andererseits vervielfachen aber die unternehmerischen Risiken und erfordern ein neues Vertriebsdenken. Umfang und Art der Produktion werden weitgehend vom Markt her bestimmt. In der Marktpolitik setzten sich die Unternehmen die Ziele gegenüber ihren Marktpartnern und Konkurrenten auf Grund systematisch erarbeiteter Programme. Innerhalb dieses Rahmens überlassen sie es ihren ausführenden Organen, situationsbedingte Entscheidungen zu treffen.

Bezeichnend dafür, wie wenig die an den deutschen Universitäten und Hochschulen vertretene betriebswirtschaftliche Forschung und Lehre diesen neuen Unternehmensaufgaben gegenwärtig gerecht wird, ist das Eindringen amerikanischer Lehnworte wie marketing research, marketing management, markets and sales forecasting, merchandising, promotion policy, creative selling, channeling policy oder operational research. Die Betriebswirtschaftslehre wurde an den deutschen Universitäten aus der Kameralistik deduktiv-theoretisch entwickelt, widmete sich demzufolge speziell Fragen der Buchhaltung, der Kosten und Preise, später auch der Finanzierung. Im Gegensatz hierzu ist in den angelsächsischen Ländern die Lehre vom Betrieb induktiv-empirisch mit stark pragmatischer Zielsetzung entwickelt worden und dementsprechend weniger systematisch und scholastisch gebunden als die deutsche. Das hat zwar den Nachteil, daß die angelsächsische Richtung den Lernenden auf Kosten des allgemeinen kritischen Denkens und des Erkennens von gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen ausbildet, dafür aber stellt sie der Wirtschaftspraxis Spezialisten, die unmittelbar im Betrieb eingesetzt werden können. Ihr scholastischer Charakter macht es der deutschen Betriebswirtschaftslehre nahezu unmöglich, neue Disziplinen, wie sie durch die oben genannten anglo-amerikanischen Begriffe gekennzeichnet wurden, in ihr Lehrgebäude sinnvoll einzuordnen. Die Übersetzungsschwierigkeiten dieser Begriffe sind ebenso symptomatisch wie die Tatsache, daß diese neuen Disziplinen — wenn überhaupt — an den deutschen Universitäten vorwiegend nur durch Lehrbeauftragte aus der Praxis vertreten werden. Die Ursachen dieser Diskrepanz in den Ausbildungssystemen liegen wahrscheinlich tiefer. In den angelsächsischen Ländern nimmt die College-Ausbildung einen breiten Raum ein. Wenn die Colleges auch häufig an Universitäten angeschlossen sind, stellen sie doch unter den höheren Bildungsstätten nur eine Art untere Stufe dar und vermitteln kaum mehr als eine Einführung ins Studium. Kaum ein Zehntel der amerikanischen College-Absolventen studiert an den Universitäten weiter; diese relativ kleine Zahl kann aber wissenschaftlich gründlicher geschult werden, als das bei dem Massenbetrieb deutscher Universitäten, bei dem die Professoren kaum Zeit für die Lehre, noch viel weniger für eigene Forschung haben, heute möglich wäre. Die Lehrkräfte an den amerikanischen Universitäten, unter denen Lehrbeauftragte aus der Praxis eine wichtige Rolle spielen, sind zudem weit enger mit der Wirtschaftspraxis verbunden als ihre deutschen Kollegen. Viele von ihnen üben sogar wichtige Beratungs- oder Managementfunktionen in Wirtschaftsunternehmen aus. Für uns stellt sich angesichts der neuen, vom Absatz her bestimmten Auf-, gaben der Unternehmensführung mit aller Dringlichkeit die Frage, ob der für die betriebliche Verwaltung bestimmte Nachwuchs in dem bisherigen Ausmaß weiterhin ausschließlich an den Universitäten und Hochschulen ausgebildet werden soll.

Der empirischen wirtschaftswissenschaftlichen Forschung ist es wegen der geschilderten Sachlage schwer gemacht, sich im Bereich der Absatzwirtschaft zu betätigen. Sie betritt überall Neuland und muß, wenn sie eigenständig vorgehen und fremde Methoden nicht ungeprüft auf die vielfach unter anderen Voraussetzungen stehenden deutschen Verhältnisse übertragen will, zur Lösung der ihr gestellten praktischen Aufgaben meist bis zur Grundlagenforschung vorstoßen, die ihr die theoretische Forschung an den Hochschulen hätte abnehmen sollen. Dem Mangel an Grundlagenforschung ist es nicht zuletzt zuzuschreiben, daß beispielsweise die Marktforschung im wesentlichen bisher nur Verfahren entwickelt hat, die für die Marktdurchleuchtung in den Konsumgüterbereichen und allenfalls noch der Werbung wichtig sind. In den Bereichen der Grundstoffe und Halbzeuge, der Betriebs- und Hilfsstoffe und der Anlageinvestitionen, bei denen Umfrageverfahren mehr die Bedeutung einer Ergänzung anderer von der empirischen Forschung entwickelter Methoden haben, klafft nach wie vor eine Lücke).

Aufgaben der verkehrswirtschaftlichen Forschung

Die Dynamik der technischen Entwicklung wirkt sich erkennbar auch auf das Bindeglied zwischen Produktion und Absatz, den Weltverkehr, aus. Seehäfen und Seeschiffahrt, Lufthäfen und Luftverkehr Deutschlands werden von dieser Seite her neue Aufgaben gestellt. Sie und die anderen Verkehrsträger, insbesondere die Eisenbahnen, werden sich darüber hinaus auf die langfristigen strukturellen Wandlungen, wie sie beispielsweise von der Bildung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgehen, einstellen müssen. Diese Wandlungen haben Einfluß sowohl auf die Dispositionen der verkehrswirtschaftlichen Unternehmen als auch auf die staatliche Verkehrspolitik.

Noch weiß niemand, in welcher Weise und in welchem Umfang der westdeutsche Seeverkehr betroffen werden wird und welche Lösung einen modus vivendi mit den anderen Ländern der EWG gewährleisten könnte. Darüber hinaus wird der Trend zum Großraumschiff sowohl die Hafenplaner als auch die Reedereien und Werften immer stärker beschäftigen. Der Atomantrieb befindet sich zwar noch im Stadium der wissenschaftlichen Entwicklung und Erprobung, jedoch wird die schnell fortschreitende Technik früher oder später nicht nur die technischen, sondern auch die wirtschaftlichen Probleme dieser Entwicklung zur Lösung zwingen. Diese sich für die Zukunft ankündigenden Probleme liegen zwar noch außerhalb des Tagesgeschehens in der Seeverkehrspraxis. Jedoch dürfte kein Zweifel darüber bestehen, daß ihre Erforschung rechtzeitig in Angriff genommen und geeignete Lösungsvorschläge vorbereitet werden sollten. Sonst könnte die langfristige Entwicklung zu Improvisationen zwingen, die schwerwiegende Fehlleistungen zur Folge haben. Um das zu vermeiden, bedarf es einer engeren Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis, die auf dem Gebiet des internationalen Verkehrswesens noch viel stärker als bisher intensiviert werden müßte.

Vor allem im Bereich der internationalen Verkehrsforschung haben wir es an einer entsprechenden wissenschaftlichen Förderung fehlen lassen. Die Verkehrsforschung hat sich ganz allgemein fast nur auf Einzelprobleme aktueller Verkehrspolitik beschränkt, in der die Binnenverkehrsforschung eine Vorrangstellung einnahm, weil sie viel stärker als der internationale Verkehr mit dem gesamten staatlichen Gemeinwesen verbunden ist. Diese Vorrangstellung der Binnenverkehrsforschung hatte zur Folge, daß nur sehr geringe Mittel für Forschungsarbeiten im internationalen Bereich zur Verfügung gestellt werden konnten. Mit der Schaffung größerer einheitlicher Wirtschaftsräume und der Verflechtung der im zwischenstaatlichen Verkehr beschäftigten Verkehrsträger wächst aber die aktuelle Bedeutung der Erforschung internationaler Verkehrsfragen für Staat und Wirtschaft. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die Lösung verkehrspolitischer Probleme bei der Bildung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, sondern auch bei der Verkehrserschließung sogenannter unterentwickelter Gebiete und schließlich bei der Konzentration des Seeverkehrs auf wenige Großhäfen und der Tendenz zum Großraumschiff. Die neue Entwicklung drängt zu einer Koordinierung des Verkehrswesens.

Die Verkehrswissenschaft hat jedoch die damit zusammenhängenden Probleme bisher kaum behandelt. Durch die Industrialisierung früherer Rohstoffgebiete, die einen zunehmenden Kapitalgüterexport der alten Industriestaaten auslöste, hat sich die Struktur des Weltverkehrs verändert. Im Tarifwesen ist eine stärkere wissenschaftliche Durchleuchtung von der betrieblichen Seite her vonnöten. Für eine Betriebslehre des Verkehrsgewerbes liegt, wenn man von den wenigen Einzeluntersuchungen absieht, noch nicht einmal eine wissenschaftliche Grundlagenarbeit vor. Die wachsenden Schwierigkeiten der Finanzierung der außerordentlich kapitalintensiven, mit sehr hohen Festkosten belasteten deutschen Schiffahrts- und Luftfahrtsunternehmen lassen wissenschaftliche Untersuchungen über die Finanzierung der Seereedereien, über Form und wirtschaftlich vertretbares Ausmaß der Fremdfinanzierung und die Abschreibung als ein Finanzierungsinstrument wichtig erscheinen.

Die Zahl der Verkehrswissenschaftler in der Bundesrepublik ist sehr gering, weil es keine theoretische Plattform hierfür gibt. Um diese Voraussetzungen zu ändern, bedarf es eines weitaus stärkeren Anreizes, um den Wirtschaftsstudenten zu einem systematischen verkehrswissenschaftlichen Gang mit Stationen in der Verkehrspraxis und Universitätsinstituten mit entsprechender Weiterbildung in empirisch-wissenschaftlichen Instituten, in denen Verkehrsprobleme behandelt werden, zu verhelfen, als ihnen zur Zeit auf unseren Universitäten geboten wird.

Informationsquellen für Forschung und Praxis

Die von der Technik und der Politik ausgehenden Wandlungen unserer Welt haben das Informationsbedürfnis der Verantwortlichen in Wirtschaft, Politik und Forschung ungeahnt ausgeweitet. Demgegenüber steht, daß sich als Folge dieser Wandlungen die Forschung auf eine Vielzahl vorher nicht gekannter selbständiger wirtschaftlicher und technischer Fachgebiete ausgedehnt hat. Die Ergebnisse dieser verästelten Forschung werden als einmalige oder periodische Literatur in einem solchen Ausmaß überall in der Welt veröffentlicht, das es nahezu unmöglich macht, sich jederzeit schnell, genau und vollständig über die irgendwo bereitstehende Fachliteratur informieren zu können. Es sind nicht nur die fremdsprachlichen Schwierigkeiten, die fachliche Spezialisierung und das Tempo der Entwicklung, die dem Suchenden den Zugang zu den neuesten Quellen erschweren, wir haben auch in den organisatorischen und technischen Voraussetzungen der Dokumentation in der Bundesrepublik nicht Schritt gehalten. Es ist bemerkenswert, daß selbst die New York Times (vom 27. November 1957) ihre Regierung anklagt, daß auch die USA im Gegensatz zur Sowjetunion über kein zentrales Clearingsystem für die systematische Sammlung, Verarbeitung und Weiterleitung von wissenschaftlichen Informationen aus allen Ländern der Welt verfügen. Das sowjetische Institut für Technische und Wissenschaftliche Dokumentation beschäftigt zusammen mit einem rein technisch ausgerichteten Institut ähnlicher Aufgabenstellung 2300 fest angestellte Übersetzer, Referenten und Redakteure und außerdem 20 000 freie Mitarbeiter. Dieses Clearingsystem soll nach Angaben der New York Times so leistungsfähig sein, daß russische Wissenschaftler über den Stand der amerikanischen Forschung in vielen Fällen besser unterrichtet seien als ihre amerikanischen Kollegen. Eine derartige überdimensionale organisatorische Konzentration wäre sicherlich weder in den USA noch in Deutschland am Platze. Der Vergleich zeigt aber den Abstand, den wir bis zu einem gewissen Maße aufzuholen haben, wenn wir in der Forschung, besonders in der wirtschaftlich-technischen Forschung mit anderen Ländern Schritt halten wollen.

Die Gefahr, daß in unökonomischer Weise wissenschaftliche Doppelarbeit geleistet wird, wächst mit der zunehmenden Fülle des Stoffes und des Tatsachenmaterials nahezu in geometrischer Progression. Das bedeutet, daß nicht nur der Sammlung und dem Clearing der Informationsfülle größere Bedeutung zukommt, sondern auch der fachlichen Vorsichtung und zusammenfassenden Interpretation, etwa in Form von allgemeinen und fachlichen Bibliographien.

Betrachtet man allein den Bereich und die gegenwärtige Verfassung unserer Bibliographien, die wie gesagt den wichtigsten Beitrag bei der Dokumentation der geistigen Arbeit stellen müssen, so kann man nur feststellen, daß Sammlung, Ordnung, Erschließung und Nutzbarmachung der internationalen Literatur heute alle Züge der Mangelhaftigkeit aufweisen. Die existierenden zahlreichen Fachbibliographien und fachbibliographischen Hinweise, die den Literaturnachweis nach dem Inhalt, den einzelnen Wissenschaften und Wissensgegenständen differenzieren, erfassen die Literatur nur oberflächlich und völlig unvollständig. Oftmals sind sie auf wenige Textseiten eines Fach- oder Verbandsorgans zusammendrängt. Außerdem ist es aber völlig verfehlt, wenn sich der Nachweis bloß auf die reinen Titelbezeichnungen beschränken würde. Die Fülle der nachzuweisenden Titel, die Unmöglichkeit, aller Belege habhaft zu werden, und die Unfähigkeit, sie in allen Sprachen lesen und verstehen zu können, setzt ihren Gebrauchswert namentlich für den täglichen Bedarf einer raschlebigen Zeit herab. Dieser Bedarf verlangt nach referierenden und rezensierenden Bibliographien. Die Erstellung von Bibliographien, die dieser Voraussetzung genügen, ist eine Aufgabe, die nur mit beträchtlichem Aufwand, der mit dem Umfang und der Sorgfalt der Bibliographien und inhaltlichen Angaben sich steigert, durchzuführen ist. Deshalb sollte das Erstellen von Fachbibliographien mit einem Haupt- oder einem Grundzweck, nämlich einer fachlichen Forschung, der Dokumentation in fachlichen Bibliotheken, Archiven und wissenschaftlichen Instituten, verbunden sein und nur in besonderen Fällen als selbständige Aufgabe ergriffen werden. Befürwortet man schon die Preisgabe allgemeiner Bibliographien — die Entwicklung der Nachkriegsjahre hat diesen Weg eingeschlagen —, so tritt ein neues Erfordernis hinzu. Bei jeder fachlich orientierten Forschungsstelle, die eigene literarische Auswertung betreibt, tritt nunmehr ein Ergänzungsbedarf auf, weil der Blick auf die benachbarten und verwandten Fächer mit einem beträchtlich steigenden Mehraufwand für Abonnements und Arbeitsleistung verbunden ist. Man schätzt, daß 30% der Literaturartikel versteckte Titel sind, d. h. man wird ihrer nur habhaft bei beträchtlicher Erweiterung der Literaturgrundlage. Das besondere Gewicht einer Ergänzungsbibliographie liegt für die fachliche Forschung darin, daß sie für viele Fachgebiete die primären ausländischen Fachzeitschriften einbezieht und auswertet und so einen sehr bedeutungsvollen Kern von Fachtiteln erfaßt. Diese sind für jede einzelne fachliche Forschung in erster Linie wertvoll im Hinblick auf die benachbarten und verwandten Fächer und erst in zweiter Linie — wenn überhaupt — für das eigene Fach, das ein jeder Forscher selber über seine engeren Fachorgane verfolgt. Diese Arbeit kann nur von einer Stelle ausgeführt werden, die für sich in Anspruch nehmen kann, sich auf einen Kern fachlicher Zeitschriften aus allen Ländern der Welt für jedes ihrer vielen Spezialgebiete zu stützen, die von der Praxis des wirtschaftlichen Lebens und der Technik vielfältig und vielseitig angesprochen werden. Aber auch die hier erwähnten Institutionen kommen für diese Aufgabe erst in Frage, wenn sie nicht nur über eine große Basis an Fachzeitschriften wirtschaftlichen und technischen Charakters, verfügen, sondern auch ihre Beschaffung, ihre bibliographische Auswertung und Zusammenstellung in Bibliographien an etatisierte Kräfte anlehnen können und für die Herstellung und den Vertrieb eine gesicherte Basis in der Art eines Hausverlages besitzen.

„… et nos in illis mutamur!“

In allen beispielhaft zu wertenden Darstellungen der Probleme des Gemeinsamen Marktes, der Hilfe für Entwicklungsgebiete, der internationalen Rohstoffpolitik, der Konjunkturpolitik, der Verkehrs Wirtschaft, von Automation und Absatzwirtschaft und selbst bei der wissenschaftlichen Dokumentation klang als Leitmotiv die Forderung auf, daß wir uns an die sich wandelnden Zeiten anpassen und sie meistern müssen. Anpassen setzt als erstes das Erkennen der Strömungen voraus, denen wir unterliegen. Zum Erkennen bedürfen wir der wissenschaftlichen Forschung und ihrer Methoden, nämlich der gleichen Kräfte, die den Wandlungsprozess ursprünglich auslösten. Es muß noch einmal gesagt werden, daß es Aufgabe der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung ist, nicht in Tagesproblemen stecken zu bleiben, sondern die Probleme von morgen schon heute anzupacken, dabei das geistige Fundament und ein Instrumentarium für ihre Meisterung durch Wirtschaftspolitik und Unternehmensführung rechtzeitig zu schaffen. Die wirtschaftswissenschaftliche Forschung ist dabei, sich neu zu orientieren und zu organisieren. Sie bedarf hierfür seitens der Wirtschaftspraxis und Wirtschaftspolitik, deren Berater sie sein will, größerer Aufgeschlossenheit und finanzieller Hilfe, wenn ihre Arbeit fruchtbar werden soll. Mag der technische Fortschritt in seinen militärtechnischen Formen zur Bedrohung des Friedens geführt haben, so steht dem gegenüber, daß er in seinen Auswirkungen auf Einzel- und Volkswirtschaften die Kräfte zur friedlichen Verständigung ungeahnt zu verstärken beginnt. Die Zeit fordert von der Wirtschaftspolitik Entscheidungen unter der Konzeption der gegenseitigen Abhängigkeit aller von allen. Damit ist der Weg zu internationaler wirtschaftlicher, letztlich auch politischer Verständigung wie zur Zusammenarbeit gewiesen. Bei allen politischen Gegensätzen, die den Frieden der Staaten untereinander gefährden, beginnt die Wirtschaft ihren Charakter als verbindende Realität auch unter veränderten Umständen wiederzugewinnen.

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